Psysiche Beeinträchtigung

Wen sollte es nicht in Erstaunen versetzen, daß eine Erkrankung wie die MS mit all ihrer Unsicherheit, mit all ihren möglichen Folgen, auch auf das seelische Wohlbefinden des Betroffenen ihre Auswirkungen hat? Inwieweit der Patient sein Schicksal, an MS zu leiden, annehmen kann und sein Leben - unter Umständen trotz Behinderungen - meistern wird, wird sicherlich von der „Primärpersönlichkeit“ mit abhängen (das heißt wie ein Mensch vor seiner Erkrankung war und sich verhielt, und welche Lebenserfahrung er gemacht hat).

Trauer, Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit

Andererseits sind traurige Verstimmungen, Verzweiflung, Hoffnungs- und Ratlosigkeit als Reaktion auf die Erkrankung verständlich. Auch hierüber sollte offen gesprochen werden. Oftmals ist es bereits eine Hilfe, sich sein Leid „von der Seele zu sprechen“, oft sind Unverständnis der Umwelt für den Kranken Anlaß für dessen Traurigkeit und Verzweiflung. Wenn hier kein klärendes Gespräch erfolgt, wird sich die Situation immer weiter aufschaukeln. Neben den eher „depressiven“ (traurigen) Verstimmungen gibt es auch seelische Veränderungen, die eher gegenteiliger Natur sind:

Euphorie

Man nennt sie „eurphorisch“ , die Stimmung ist eher über das natürliche Maß gehoben. Früher wurde diese eurphorische Stimmungsänderung als charakteristisch für MS-Patienten angesehen, sie tritt aber insgesamt selten und meist erst in späteren Krankheitsstadien auf.

Rasche Ermüdung, vorzeitige Erschöpfung

Eine häufige Klage vieler MS-Patienten ist die rasche Ermüdung und die vorzeitige Erschöpfung. Leistungen und Arbeiten, die früher ohne Schwierigkeiten ausgeführt werden konnten, erfordern jetzt mehr Kraft.

Ruhepausen

Daher ist es wichtig, sich die Arbeit einzuteilen, Ruhe- und Entspannungspausen einzulegen, die je nach individueller Leistungsfähigkeit kurz oder lang, ein- oder mehrmals täglich einzuhalten sind. Eine ständige Überforderung führt zur Unzufriedenheit und Frustration, beides mündet letzlich wieder in Verzweiflung und Depression. Das wäre eine Kette ohne Ende, wenn nicht rechtzeitig ein kritisches Überprüfen der Leistungsfähigkeit und eine angepaßte Verhaltensweise einsetzen würden. Es wäre aber genauso falsch, nun zu versuchen, allen Belastungen aus dem Weg zu gehen und sich zu „schonen“. Ein übermäßiges sich Zurücknehmen und Zurückziehen würde ebenfalls zu ganz individuell das richtige Mittelmaß der Belastbarkeit zu finden.

Individuelle Belastbarkeit

Dieses ist ein langsamer Prozeß, der durch mühsames und mutiges Austesten unter Umständen jahrelang dauern kann. Die individuellen Grenzen sind oft nur zu erkennen, wenn man sie mal über- und mal unterschreitet und sie dem jeweilligen äußeren (Familie, Arbeit) als auch dem inneren (eigener Anspruch, Wünsche) Druck anpaßt. Wie aus der Literatur bekannt ist, soll das Medikament Amantadin (PK Merz) bei vorzeitiger Ermüdung helfen. Andererseits muß aber auch gesagt werden, daß viele Patienten sich psychisch nicht beeinträchtigt fühlen, sei es daß sie durch die MS nicht wesentlich beeinträchtigt sind, sei es, daß sie gelernt haben, mit den Beeinträchtigungen und entsprechenden Einschränkungen zu leben, sei es, daß sie erst durch die Auseinandersetzung mit dieser Erkrankung zu einem intensiven und bewußten Leben gekommen sind.

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